Donnerstag, 1. März 2012

sunk cost fallacy / Warum Politiker am Euro festhalten

Es ist erstaunlich, der Bundestag beschließt mit großer Mehrheit am 27.02.2012 einen zweites Rettungspaket für Griechenland und die große Mehrheit der Bevölkerung ist dagegen.

Darauf paßt sehr gut einer von 52 von Rolf Dobelli in seinem Buch „Die Kunst des klaren Denkens“ beschriebenen Denkfehlern: die sunk cost fallacy: Er schreibt unter anderem: „Jede Entscheidung, ob privat oder geschäftlich, geschieht stets unter Unsicherheit. Was wir uns ausmalen, mag eintreffen oder nicht. Zu jedem Zeitpunkt könnte man den eingeschlagenen Pfad verlassen, zum Beispiel das Projekt abbrechen und mit den Konsequenzen leben. Diese Abwägung unter Unsicherheit ist rationales Verhalten. Die sunk cost fallacy schnappt dann zu, wenn wir schon besonders viel Zeit, Geld, Energie,... investiert haben. Das investierte Geld wird dann zur Begründung, weiterzumachen, selbst wenn es objektiv keinen Sinn macht. Je mehr investiert wurde, also je größer die sunk costs sind, desto stärker ist der Drang, das Projekt fortzuführen.“

Weiter schreibt Dobelli: „Warum dieses irrationale Verhalten? Menschen streben danach, konsistent zu erscheinen. Mit Konsistenz signalisieren wir Glaubwürdigkeit. Widersprüche sind uns ein Gräuel. Entscheiden wir, ein Projekt in der Mitte abzubrechen, generieren wir Widerspruch: Wir geben zu, früher anders gedacht zu haben als heute. Ein sinnloses Projekt weiterzuführen, zögert diese schmerzliche Realisierung heraus. Wir erscheinen dann länger konsistent.“

Ich vermute, das erklärt die große Diskrepanz zwischen Politikern und Bürgern. Die Politiker haben sich nicht nur mehr mit dem Europrojekt beschäftigt. Sie sind Akteure dabei gewesen im deutlichem Gegensatz zur normalen Bevölkerung. Möglicherweise gilt dies sogar in etwas abgeschwächter Form für viele Journalisten, die diese Entwicklung seit den 1980er und 1990er Jahren begleitet haben.

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