Mittwoch, 12. September 2012

Nach dem Urteil

Wo stehen wir in Europa heute?

Erstens haben sich traditionelle deutsche Interessen an einer stabilen Währung und soliden Haushaltspolitik offenkundig in Europa nicht durchsetzen können. Rückblickend betrachtet muss sagen, dass eine gegenteilige Erwartungshaltung sehr ambitioniert war. Unabhängig von den Europäischen Verträgen und den politischen Akteuren und Institutionen ist das europäische Projekt so weit fortgeschritten, dass es soviel Masse hat, dass es quasi einfach weiter fährt.

Das heisst wir werden wohl eher eine Weichwährung in Europa bekommen, bzw. kein Geld mit der Funktion der Wertaufbewahrung, sondern eher ein Zahlungsmittel mit der Funktion Kauf/Verkauf und Zahlungen zu ermöglichen. Deutsche werden sich dem weiter anpassen, wie sie das bereits seit einigen Jahren tun, insofern sie Immobilien und andere Sachwerte kaufen. Das Sparbuch und die klassische Lebensversicherung haben ausgedient.

Etwas offener scheint die Frage, ob Europa bereits eine Transferunion ist und bleibt. Hier muss sich zeigen, wie die politische Willensbildung erfolgt.

Wie ist das insgesamt zu bewerten? Mit einem Zahlungsmittel anstelle einer Währung kann man auch als Deutscher leben. Letztlich ist hier wohl eine Mehrheit bereit dies als Nachteil für die europäische Integration zu akzeptieren, quasi ein praktischer Kurs in „savoir vivre“. Man kann sicher versuchen, das Zahlungmittel etwas stabiler zu machen, aber ob dies ins Gewicht fällt, muss sich zeigen.

Vom übergeordneten Standpunkt aus betrachtet gilt:

1. Der Wunsch nach einem vereinten friedlichen Europa mit guten demokratischen Institutionen auf allen Ebenen kann und sollte weiter verfolgt werden. Die Frage, wie die Institutionen und die Politiken auszugestalten sind, damit in Europa Ziele wie Freiheit, Lebensqualität und Wohlstand, soziale Gerechtigkeit/Fairness und soziale Verantwortung und Nachhaltigkeit möglichst gut erreicht werden, ist im politischen Prozess zu konkretisieren.

2. Es ist ziemlich transparent geworden, dass Demokratie kein Automatismus ist und dass auch unsere politischen Institutionen anfällig sind, an demokratischer Qualität einzubüßen und letztlich in ihrer Qualität durch die Wachsamkeit und die Beteiligung der Menschen immer wieder gestärkt werden müssen. Das heisst, es hat sich gezeigt, dass Demokratie letztlich nicht komplett deligiert werden kann, übrigens auch nicht an die Piraten. Jeder Mensch, der sich politisch engagiert und verantwortlich fühlt, ist grundsätzlich ein Gewinn für die Gesellschaft.

Ein differenzierter Artikel zur Zukunft Europas hier:


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