Samstag, 30. August 2014

Leseempfehlung Harry Mulisch

"Die Entdeckung des Himmels" (Original "De ontdekking van de hemel" 1992), was für erste 116 Seiten von über 800.

Ich bin verblüfft, daß ich auf dieses Buch und seinen Autor nicht schon viel früher gestoßen bin, ich dachte große Literatur würde automatisch und schnell seinen Weg zu mir finden ;)

Ich finde diese Seiten großartig, statt einer Begründung 2 Zitate:

Max über Onno zu einem in einem Amsterdamer Restaurant musizierenden Roma im Jahr 1967:

"Sag ihm, daß Zigeuner für mich heilig sind, weil sie das einzige Volk auf Erden sind, das nie einen Krieg geführt hat...Sag ihm, daß sie nur deshalb, weil sie keine Mörder sind, von allen für Diebe gehalten werden, ..."

Zu einer (fiktiven?) Rede von Rudi Dutschke in Amsterdam:"Mit einer theoretischen Raserei, die den praktischen Holländern fremd war, legte er, Marcuse, Rosa Luxemburg und Plechanov zitierend, dar, daß die radikale soziale Veränderung, subjektiv von den Massen nicht gewollt, objektiv gesehen aber immer notwendiger werde. Die spätkapitalistische Arbeiterklasse, noch immer ausgebeutet bis zum Verlust ihrer Identität,..." Ein vermeintlicher Arbeiter erkämpft sich das Mikrofon "und begann mit starrem Blick darzulegen, daß die Jesuiten unter den Straßen und Plätzen Amsterdams ein unterirdisches Netzwerk von Gängen angelegt hätten, um von da aus eines Tages erbarmungslos zuzuschlagen. Unzählige Briefe habe er geschrieben, an die Regierung, an die Königin....Wieder stand jemand auf im Saal und rief >>Ach hör doch auf mit dem Unsinn<<...Der übermässig dicke, kahle Zwischenrufer, ein bekannter Restaurator, wandte sich mit ausgesteckten Armen an das Publikum, das ihn jubelnd anfeuerte >>Was sollen wir denn mit diesem Quatsch? Das weiß doch jeder, daß Amsterdam das zweite Jerusalem ist: begnadet mit der verschärften hyperbiogeometrischen Ethik Dantes, Goethes und Königin Esthers mit ihren sechsundreisig Essenern und sechsundreissig Zaddikim und der neuen, alles erneuernden messianisch-pythagoräischen Weltmathematik, der Urmathematik, der Allwissenheit der Vorwelt, als Auslegung des Alten und des Neuen Testaments, und zwar der neuen jüdischen Harmoniegesetze der Primzahlen und Primzahlenzwillinge Moses, Davids und Salomons, die neue Bio-Algebra, Bio-Geometrie und Bio-Gleichgewichtslehre von Willem de Zwijger, Spinoza, Erasmus, Simon Stevin, Christiaan Huygens, Descartes und Rembrandt und die neue bildende Mathematik von Teilhard de Chardin, Mondrian, Steiner, Thomas von Aquin, Mersenne, Fermat, Aristoteles, Nikolaus Cusanus, Wittgenstein, Weinreb-<< Aber er bekam nicht die Gelegenheit, seine Liste abzuschließen: hinten im Saal flog plötzlich dieTür auf ..."

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