Montag, 23. Mai 2016

Positives in Europa

Obwohl die Frage offener denn je ist, ob es Europa gelingt, sich auf eine überzeugende Art und Weise demokratisch zu organisieren und ich derzeit überhaupt keine Anzeichen entdecken kann, dass irgend welche sinnvollen und mehrheitsfähigen Schritte dahingehend von den aktuellen Politikern und Parteien unternommen werden, fand gestern in Griechenland eine Entwicklung statt, die bei allem Verständnis dafür, die dortige Situation zu beklagen und nach Schuldigen zu suchen, ein sehr starkes Signal für ein politisches Zusammenwachsen Europas ist. Das griechische Parlament hat einer weiteren drastischen Runde von Steuererhöhungen und weiteren Sparmassnahmen zugestimmt und zwar auf Basis der von der linken Syriza getragenen Regierung http://www.deutschlandfunk.de/griechenland-parlament-billigt-weiteres-sparpaket.1818.de.html?dram:article_id=354854
Vergleicht man dies mit der Durchsetzung der Agenda-Politik von Gerhard Schröder in der Koalition mit den Grünen und auch der aktuellen Politik in Frankreich unter Hollande/Valls scheint es fast so, dass von linken Poltikern regelmässig konservative Politik gemacht wird. Die aktuelle Wahl des Grünen Van der Bellen zum österreichischen Bundespräsidenten bietet damit zumindest die Chance, dass auch dort auf der Sachebene zum Thema Einwanderung/Asyl Lösungen gefunden werden, die für die überwiegende Mehrheit der Österreicher/innen annehmbar sind. Dass der politisch bei Regierungsbeginn sehr weit links außen positionierte Tsipras dermassen einschneidende Massnahmen durchsetzt, verblüfft dennoch. Letztlich zeigt Griechenland damit eindrücklich, wie viel es bereit ist zu geben und wie stark es bereit ist sich zu verändern, um Teil des politischen Europas zu bleiben. Obwohl es möglicherweise mit der Einführung einer nationalen Parallelwährung einen Weg gegeben hätte, mit viel weniger Einbussen an Einkommen Teil der EU zu bleiben, hat man dieses Experiment nicht gewagt, ja es nicht einmal ernsthaft diskutiert, sondern sich für einen sozial extrem harten Anpassungsprozess über viele Jahre, wenn nicht gar Jahrzehnte entschieden. Es mag sein, dass dieses griechische Verlassen auf Europa viel mit dem geringen griechischen Selbstvertrauen in den eigenen Staat zu tun hat, aber dennoch ist es ein sehr starkes Bekenntnis zu Europa. Wenn es Griechenland gelingt, sich auf diesem Weg zu reformieren, wäre die EU damit zu einem im Ergebnis positiven Katalysator für gesellschaftliche Veränderungen geworden.

Mittwoch, 3. Februar 2016

Antwort auf Marinas Blogbeitrag "Zeit zu kämpfen"

Aus dem Text von Marina  http://marinaslied.de/zeit-zu-kaempfen/ und der starken Resonanz auf twitter wird für mich deutlich, dass Linke eine starke gesellschaftliche Veränderung wahrnehmen, die ihnen Angst macht. Die Veränderung wird als bedrohlicher Rechtsruck wahrgenommen. Die Angst bezieht sich darauf, dass verstärkte Ausländerfeindlichkeit und vermutlich letztlich ein 2. Nazideutschland oder Nazieuropa befürchtet wird. Dies zeigt wie stark das Erlebnis von Weltkrieg und Holocaust immer noch den kollektiven Denkraum in Europa prägt.

Ich stimme mit Maria überein, dass es gesellschaftliche Verschiebungen gibt, die über das Maß hinausgehen, wie sie in den 20 Jahren zuvor stattfanden. In Ländern wie Frankreich, England, Schweden, Dänemark, Finnland, Polen, Ungarn und Griechenland setze diese Entwicklung früher als in Deutschland ein. Das neue ist, dass es keine deutliche gesellschaftliche Mitte mehr in Deutschland sondern eine Polarisierung zwischen refugeeswelcome und flüchtlingskritischen Meinungen gibt. Während früher vielleicht 80% der Menschen zumindest eine gewisse Übereinstimmung mit den Parteien Grüne, SPD CDU, CSU, FDP hatten, fühlen sich immer mehr Menschen von diesen nicht mehr gut vertreten. Es geht nicht mehr um jeweils 10% am linken und rechten Rand, sondern um deutlich mehr Menschen.

Spannend ist, dass diese gesellschaftliche Veränderung zum einen bei den anderen Parteien und links davon Angst erzeugt aber selbst ebenfalls auf der Angst in weiten Teilen der Bevölkerung basiert, dass durch Migration unsere zentralen Werte zerstört werden.

Es scheinen beide Seiten für fundamentale Werte einzutreten, die Linken wollen diese den Flüchtlingen gewähren und die Rechten wollen diese Werte als Grundwerte für die eigene Gesellschaft erhalten. Es scheint erstaunlich, dass dies zu einem Konflikt führt, statt dass sich beide Seite freuen, dass die jeweils andere Seite offenbar die gleichen Werte gut findet.

Liegt hier ein Dilemma vor, eines das gelöst werden kann?

Ich vermute es könnte relativ leicht gelöst werden. Es wird wohl deshalb nicht so schnell gelöst werden, weil ein neue Mehrheit erst mal dazu führt, dass jetzige Parteien Macht und Einfluss abgeben müssten und sie deshalb lieber gegen den neuen politischen Gegener kämpfen werden statt nach gemeinsamen Lösungen zu suchen. Aus Sicht der etablierten Parteien ist die Chance die AfD doch noch als Nazis hinstellen oder outen zu können wesentlich attraktiver, da sie dann das politische Spektrum wieder allein bespielen könnten.

Noch eines fällt mir in Marinas Blog auf. Es geht es um gut und böse und um kämpfen. Da schwingt zumindest etwas die Frage mit, ob Gewalt zur Erreichung der eigenen politischen Ziele doch erlaubt sein könnte, wenn das Ziel nur gut genug ist und wir sicher genug sind, dass wir die Guten sind und die anderen die Bösen. Auch hier spiegelt sich wieder, dass sowohl die extreme Rechte und die extreme Linke gewalttätig sind und damit eine Grundprinzip unserer demokratischen Gesellschaft verletzen.

Wie könnte eine neue Lösung aussehen, eine Lösung die zumindest eher wieder 80% der Menschen in Europa ins Boot holt und mit jeweils 10% am rechten und linken Rand auskommt?
Linksaussen-Leute würden einer solchen Lösung sicher skeptisch gegenüberstehen, genauso wie Rechtsaussen-Leute, da die Gesellschaft dadurch ja wieder stabilisiert würde und sie der Chance benommen wären, dass durch eine große Krise sich so starke gesellschaftliche Turbulenzen ergäben, dass sich in einem günstigen Augenblick doch ihre eigenen Sicht der Dinge durchsetzen könnte.

vielleicht eine Lösung:

1. sollten sich alle an den Grundsatz halten, dass das Ziel nicht das Mittel heiligt, dass wir selbst keine Gewalt in der politischen Auseinandersetzung bei uns oder anderen akzeptieren, auch wenn wir sehen, dass wir überstimmt werden. Die Menschenrechte können nur erhalten werden, wenn wir uns selbst daran halten und wenn unser Gemeinwesen sich daran hält.

2. Es ist legitim in einem gesellschaftlichen Diskurs in Europa zu ermitteln, wie viele Migranten/innen wir aufnehmen wollen. Wir sollten dabei versuchen den Wert zugrunde zu legen, der gemeinsam eine starke Mehrheit hat, sowohl auf gesamteuropäischer Ebene als auch in einzelen Staaten.

3. Falls wir weniger aufnehmen wollen, als tatsächliche Asylsuchene und Kriegsflüchtlinge bei uns Aufnahme suchen, sind dafür aus humanitären Gründen Hilfen zu organisieren, die so gestaltet sind, dass sie so viel Hilfe gewähren wie nötig um die grundsätzlichen Rechte dieser Menschen zu sichern und so wenig wie möglich um sicherzustellen, dass möglichst wenig Anreize geschaffen werden, dass Menschen aufgrund anderer Motive zu uns kommen. Nach meiner Vermutung sind dafür Hilfsstrukturen nahe der EU-Außengrenzen für Wirtschaftsmigranten wesentlich unattraktiver als die frühe Verteilung aller Migranten über ganz Europa, während es für Kriegsflüchtlinge, die um ihr Leben fürchten, ausreichend wäre in Europa Schutz auch nahe der EU-Außengrenze zu finden und es psychologisch für sie  sogar einfacher sein könnte relativ nahe ihrer ursprünglichen Heimat zu sein.

4. Neben Asylsuchenden und Kriegsflüchtlingen sollte Europa grundsätzlich auch offen sein für einen gesteuerten Zugang von globaler Migration. Auch hierzu sollte europaweit ein breiter Konsens angestrebt werden und die Grundlage für die Art und Höhe der Umsetzung bilden.




Mittwoch, 9. Dezember 2015

Rundumschlag

Gute politische Antworten liegen in der Regel in der Mitte. Doch wo ist die Mitte? Merkel ist als Kanzlerin per se in der Rolle, diese Mitte zu suchen und zu halten, um an der Macht bleiben zu können. Bisher hat sie es immer verstanden, diese Mitte zu halten sowohl in der Euro-Frage, bei der Abwendung von der Atomkraft, bei der Abschaffung der Wehrpflicht, bei der Mietpreisbremse oder beim Mindestlohn. Aus meiner Sicht hätte es im Bereich Eurokrise für Europa eine bessere politische Antwort gegeben, die Ergänzung des Euro um nationale Parallelwährungen in einigen süd- und nordeuropäischen Ländern, aber offensichtlich war dafür nicht genügend Mut vorhanden bzw. die derzeitige Lösung immer noch akzeptabel genug. Persönliche Präferenzen spielten für Merkel nur eine untergeordnete Rolle. Aktuell bekennt sie sich zu einer Einwanderungspolitik ohne Obergrenze in Übereinstimmung mit SPD und Grünen und versucht innerparteiliche Opposition durch kleinere Zugeständnisse zu integrieren. Wie schon beim Euro nimmt Merkel in Kauf, daß sich dadurch mit der AfD eine Partei rechts von CDU/CSU etabliert. Mittelfristig ist Deutschland damit wahrscheinlich auf SPD/CDU/CSU-Regierungen festgelegt.

Gute politische Antworten liegen zwar in der Mitte, um diese bestimmen zu können, bedarf es aber eines öffentlichen Diskurses, bei dem alle Seiten zu Wort kommen. In den USA nimmt Trump zur Zeit dezidiert provokante Gegenpositionen zu Obama ein und überflügelt damit seine innerparteilichen republikanischen Konkurrenten. Das heißt, die Amerikaner wollen diesen offenen Diskurs, der teilweise beleidigend ist lieber als einen eingehegten politisch-korrekten Diskurs. Ich halte es für wahrscheinlich, daß im Endeffekt Hillary Clinton gewählt werden wird, weil ihre Politik mehrheitsfähiger sein wird, auch weil der Anteil der hispanischen Einwanderer das frühere Pari zwischen Republikanern und Demokraten zu den Demokraten verschoben hat, aber auch kritische Töne waren damit Teil der öffentlichen Meinungsbildung. Daß jemand wie Trump mit so provokanten, teilweise sexistischen und ausländerfeindlichen Äußerungen soviel Zustimmung erfährt, ist ein Zeichen dafür, daß andere Kandidaten zu sehr davor zurückgeschreckt sind, auch strittige Themen in ihrer ganzen Komplexität aufzugreifen.

Auch in Deutschland und in Europa insgesamt ist unsere Diskursfähigkeit teilweise schwach. Dies zeigt sich an der Schwierigkeit, die viele damit haben, Parteien wie die AfD, den Front National oder auch Bewegungen wie Pegida als Teil des öffentlichen Diskurses zu akzeptieren. Es wird oft damit gearbeitet, nicht auf der Sachebene zu diskutieren, sondern die Personen mit der Nazikeule anzugreifen (aktuelle Beispiele Holger Zastrow in der FAZ http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/afd-die-neue-voelkische-bewegung-13937439.html und nachgelegt von Friederike Haupt http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/rechtsextremismus/alternative-fuer-deutschland-die-voelkische-bewegung-stellt-sich-vor-13950691.html oder Jakob Augstein im Spiegel http://www.spiegel.de/politik/deutschland/rechtes-denken-in-europa-die-voelkische-revolution-kolumne-a-1066432.html# ), von gewaltbereiten linksradikalen und antidemokratischen Aktivisten wie der Antifa ganz abgesehen. Dadurch entsteht natürlich das genaue Gegenteil dessen was beabsichtigt wird: Immer mehr Menschen erkennen, dass in der Sache der Diskurs einseitig wird und ergreifen Partei für die Positionen, die nicht ausreichend vorkommen. Aktuell erhalten Bewegungen, Parteien und Medien, die konservative Werte vertreten, deshalb europaweit Zulauf.

Wo könnte denn in der Einwanderungsfrage die politisch sinnvolle Antwort in der Mitte liegen, die sich als Mitte eines Diskurses versteht, der sowohl einwanderungsfreundliche als auch einwanderungskritische Positionen als Teil des Diskurses zulässt?

Und vor allem wo liegt diese politische mittige Antwort nicht nur für Deutschland sondern für Europa als Ganzes?

Mein Vorschlag dazu lautet wie folgt:

Die Integration von Millionen Migranten aus in weiten Teilen patriachalen, autoritären, vormodernen Gesellschaften stellt eine riesige Herausforderung für Europa dar. Wir können und wir werden das schaffen, weil die Werte der Aufklärung die bessere Basis ist um zusammenzuleben und diese selbst in der Auseinandersetzung mit autoritären vormodernen Weltanschaungen hervorgegangen ist. Die Antworten der Aufklärung werden sich als die  besseren Antworten langfristig global durchsetzen. Aber es wird sehr anstrengend und mit vielen Rückschlägen verbunden sein. Gewalt von radikalen Ausländerfeinden wird genauso wenig 100%ig vermeidbar sein wie Gewalt von islamischen Fundamentalisten und Europa die nächsten Jahre oder gar Jahrzehnte begleiten. Ein Rückgang dieser Gewalt wird nur dann gelingen, wenn wir aktiv für unsere Werte eintreten, falls diese verletzt oder mißachtet werden. Dabei wird Zivilcourage von Menschen abverlangt werden, die nicht so gut gebildet sind und in sozial schwachen Verhältnissen leben. Es wird immer wieder Auswüchse von Parallelgesellschaften geben und Wohngebiete geben, die drohen zu no-go-areas zu werden, Jeder, der sich davon überfordert fühlt, und sich lieber abschotten will, hat mein Verständnis. Jeder, der diese Aufgabe kleinredet oder für eine Selbstverständlichkeit hält, redet naiven Stuss. Auch Parteien, die sich für Abschottung einsetzen, sind Stimmen im demokratischen Diskurs, die es zu respektieren gilt. Dennoch ist es richtig, diesen Weg der Integration zu gehen. Die Welt wächst zusammen. Langfristig werden wir alle davon profitieren. Alle Kulturen sind grundsätzlich anschlussfähig an Demokratie und Aufklärung, weil diese Anschlußfähigkeit nicht nur in jedem Menschen angelegt ist, sondern seinem Potential weit besser entspricht als Rückständigkeit, Gewalt und Intoleranz. Bei manchen Denkgebäuden wie dem Islam muss noch viel auf der Strecke bleiben, bis er zu unserer offenen pluralistischen demokratischen Gesellschaft passt, zum Beispiel die sakrosankte Stellung von Mohamed und dem Koran und der Anspruch des Islam seit seiner Entstehung unter Mohamed eine Gesellschaft politisch zu prägen statt als eine Stimme unter vielen zu wirken und grundsätzlich die Trennung von Staat und Religion zu akzeptieren. 

Dienstag, 10. November 2015

In einem Finger treffen sich Zen-Buddhismus, Juden- und Christentum

Heute passierte mir etwas Erstaunliches.

Ich habe mich seit einiger Zeit mit dem Thema Beten beschäftigt und neben selbst geschriebenen Texten mich auch eines Satzes aus dem "Vater Unser" angenommen, mit dem ich bisher wenig anfangen konnte: "Deine Name werde geheiligt". Ich fand es 1. unlogisch, anzunehmen, daß die Schöpferin allen Seins darauf wert legt, daß ich Sie heilige, 2. fand ich Namen etwas Äußerliches und vergleichsweise Unwichtiges und 3. kenne ich gar keinen besonderen Namen für Gott, der sich mir zu "Heiligen" aufdrängt. Gab es 4. bei den Juden nicht sogar eine Tradition den Namen Gottes nicht auszusprechen, um ihn nicht zu entheiligen? Alles sehr merkwürdig. Es kam hinzu, daß ein liberaler Rabbi mir berichtete, daß er mit einem katholischen Priester gerade an einem Buch über das Vater Unser schrieb, da es viele Gemeinsamkeiten dabei gäbe, da auch andere jüdische Rabbis zu Jesu Zeit für ihre Schüler ähnliche Gebete zusammengestellt hätten. Ich hatte zwar selber viele Gemeinsamkeiten zwischen liberalem Judentum, dem historischen Jesus und meiner eigenen spirituellen Intuiton festgestellt, aber dieser Satz widersprach meiner eigenen Intuiton.

Als ich deshalb dem Satz "Dein Name werde geheiligt" im Internet nachspürte, sties ich auf eine Predigt von Horst Kannemann über diesen Satz, die mich sehr erschütterte. http://www.ref-kirchengeschichte.de/2267-0-84-9.html Er bezieht sich dabei auf eine Massenerschießung von Juden in der Ukraine durch die SS, über die ein Zeitzeuge bei den Nürnburger Prozessen aussagte. Ein jüdischer Vater, der zusammen mit seinem Sohn vor dem offenen Massengrab steht, versucht, beider Tod unmittelbar vor Augen, seinen Sohn zu trösten und ihm zu helfen, indem er mit dem gestreckten Zeigefinger zum Himmel weist. Für Kannemann war dies das gelebte Gebet des Satzes "Dein Name werde geheiligt". Der jüdische Vater hilft seinem Sohn, indem er auf die göttliche Wirklichkeit hinweist, die stärker als Leid und Tod ist, und in der er und sein Sohn sicher bleiben. "Dein Name werde geheiligt" ist damit kein Gebet, um Gott zu gefallen oder ihm den gebührenden Respekt zu erweisen, eine eher unangenehme religiöse Pflicht zu erfüllen, sondern ist ein Bekenntnis, das weit in die Welt wirkt: Es tröstet wahrscheinlich den Sohn und gibt ihm Kraft, die nächsten Schritte mit mehr Seelenfrieden zu gehen bis er und sein Vater in Kürze im göttlichen Frieden vereint sind. Es hilft vielleicht auch einigen anderen Juden, die den selben Weg gehen, es mag auch einigen SS-Schergen in Erinnerung bleiben und vielleicht einen Weg zur Reue zeigen, wenn sie sich später mit ihren Greueltaten konfrontiert sehen. Und es wirkt weit in die Welt hinein zu Menschen, die die Geschichte lesen oder hören und die etwas in ihnen anstösst. Es kann uns Menschen heute helfen, die wir uns fragen wie nach solchen ungerechten Grausamkeiten wir überhaupt noch weiterleben können: Indem wir uns ebenfalls hier auf der Erde in diese überirdische Wirklichkeit begeben, auf die der Zeigefinger diesen jüdischen Mannes hinweist.

Wie überrascht war ich, als mir wenige Tage später die gleiche Geste in einem Gespräch von Eckhart Tolle mit Wayne W. Dyer "The importance of being extraordinary" begegnete. Dem Hinweis von Tolle geht zunächst eine Bemerkung von Dyer voraus. Dieser zitiert die Dichterin Mary Oliver, die auf die Frage, was das Geheimnis eines erleuchteten Lebens sei, geantwortet habe: 1. pay attention (sei aufmerksam), 2. be astonished (erlaube Dir zu staunen) und 3. tell other people (erzähle anderen davon). Dyer und Tolle setzen Aufmerksamkeit dann mit Achtsamkeit gleich und Tolle erzählt von einem japanischen Zen-Lehrer, dessen einzige Lehre darin bestanden habe, dass er, wenn man ihn fragte, was Zen sei, den Zeigefinger hob und den Fragesteller anschaute. Tolle tat es ihm in dem Gespräch gleich und sagt, das ist die Bedeutung von Zen. Es gehe dabei um Präsenz, das sei die ganze Lehre. Intuitiv habe ich gespürt, dass die Geste EINE Bedeutung hat, die Präsenz im hier und jetzt, die Zen bewusst machen will, ist eine andere Persepektive auf die gleiche Präsenz, auf die der Jude kurz vor seinem Sterben hinweist, indem er auf die Präsenz Gottes hinweist. Auch diese ist "hier", hier im das Irdische transzendierenden Sinne. Derjenige, der die Geste vollzieht, ist Teil dieses "hier", manifestiert damit die göttliche Präsenz auch im Irdischen hier, holt sie quasi herüber bzw. macht sie sichtbar. Ganz praktisch macht ein nach oben gehaltener Zeigefinger beides, er fokussiert auf das hier und jetzt in einer deutlichen weil einfachen Form und er weist in eine Richtung, über die irdische Welt hinaus. So vereint er beide Aspekte.








Donnerstag, 30. Juli 2015

Eurozone practising clientelism with Greece

Corruption and clientelism http://liberalundkooperativ.blogspot.de/2015/07/klientelismus-als-grundprinzip-der.html are rightly seen as very detrimental for successful modern societies. The sociologist Rainer Lepsius explained clientelism as dominating a society if the question "What can you do well and contribute? is replaced by the question "To whom do you belong?" It looks like Greece as a country suffering from clientelism since centuries has adopted just this client-patron-relationship with the Eurozone when its government and parliament accepted the austerity measures and further credits and backing of the path of Grexit which would have meant more risk but also more chances to develop own strengths. The Eurozone dominated by the principle to stay together "at any price" independent of economic reasoning and current rules & treaties thus has adopted the role of patron.

Clientelism practiced by Eurozone institutions is the last thing we should accept on our way to further develop a modern European society.

Klientelismus als Grundprinzip der Eurozone

Alle wettern zurecht gegen Korruption und  Klientelismus https://de.wikipedia.org/wiki/Klientelismus. Der Soziologe Rainer Lepsius https://de.wikipedia.org/wiki/M._Rainer_Lepsius hat Klientelismus so veranschaulicht, daß in einer Gesellschaft, die davon geprägt ist, die Grundfrage nicht lautet "Was kannst Du?" sondern "Zu wem gehörst Du? Zu Griechenland als am Klientelismus leidendenes Land http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/griechenland-fessel-klientelismus-11865503.html kann man die aktuelle Entscheidung der griechischen Regierung und des Parlamentes, die Sparauflagen zu akzeptieren, weitere Hilfsgelder anzunehmen und nicht den Schritt zum Grexit und der Selbstverantwortlichkeit zu wagen interpretieren als das Einnehmen der Klient-Beziehung zum Patron EU in seinen Institutionen Kommission, Europäischer Rat und EZB. Auch die Eurozone hat mit dem Primat des Zusammenbleibens koste es was es wolle die Rolle des Patrons angenommen. Das Gegenstück einer vom Klientelismus geprägten Gesellschaft ist die Leistungsgesellschaft, auf deren Grundprinzipien, insbesondere der individuellen Freiheit, der Erfolg westlicher Gesellschaften beruht.
 
Klientelismus als Grundprinzip der Eurozone ist das letzte was wir politisch anstreben sollten.
 

Samstag, 18. Juli 2015

Schwarmintelligenz zum Grexit

Die Leserkommentare der BBC haben zur aktuellen Entwicklung in Griechenland
folgendes Leser-Statement am höchsten bewertet (zur Stellungnahme von Varoufakis, daß der Bailout nicht funktionieren wird http://www.bbc.com/news/world-europe-33578778):

"Why is it everyone except euro politicians can see this is merely prolonging the inevitable? Greece should take the Grexit option, short term pain but more to gain later.
What we have now is eurozone countries, especially France and Germany, determined to make a failed political experiment work at any cost and to the detriment of smaller EU countries.The euro as a currency has failed,end of story"

http://www.bbc.com/news/world-europe-33578778

Die Seite ist mit Sicherheit nicht von AFD-Sympathisanten oder deutschen Nationalisten dominiert.

Ökonomisch nennt sich die kurzfristige Verschlechterung nach einer starken Währungsabwertung und die mittelfristige Verbesserung der Handelsbilanz und des Wohlstandes eines Landes J-Curve Effekt, der sich lt. Wikipedia empirisch belegen lässt https://de.wikipedia.org/wiki/J-Kurve .

Warum setzt sich die Vernunft nicht durch?

Sicher gibt es geopolitische Aspekte, Griechenland zum Beispiel aus Sicht der USA in der Eurozone zu halten.

Vor allem sehe ich aber psychologische Effekte: eine ganze Politikergeneration in den großen Parteien in Frankreich und Deutschland (SPD, CDU/CSU, Grüne, FDP) und europaweit müssten ihren Wählern eingestehen, einen riesigen Fehler gemacht zu haben und wider besseres Wissen Jahre daran festgehalten zu haben und eine ganze Generation in Südeuropa durch die verursachte strukturell hohe Arbeitslosigkeit massiv geschadet zu haben. Die FDP, aus dem Bundestag ausgeschieden, hat nichts mehr zu verlieren und ist mittlerweile für den Grexit http://www.zeit.de/news/2015-07/11/eu-fdp-chef-lindner-grexit-statt-hilfspaket-11082208, ebenso Politiker als allen Parteien, die ihre Karriere hinter sich haben und nichts mehr zu verlieren haben wie Lamers (CDU) http://www.focus.de/politik/deutschland/abstimmung-zu-griechen-hilfen-diese-65-unions-abgeordneten-verweigerten-merkel-die-gefolgschaft_id_4822736.html, Lafontaine (Die Linke) und Steinbrück (SPD). Für die Piraten war das Thema offensichtlich eine Nummer zu groß, obwohl die gefundenen programmatischen Antworten in die richtige Richtung gingen und besser waren als die der etablierten Parteien.